Es muss eine der bemerkenswertesten Wohnungen in Aalst sein: die eingeschlossene, alte Textilfabrik, die Pascal François in eine mit Licht überflutete Loftwohnung verzauberte. Vor allem die Art und Weise, in der der Architekt dies bewerkstelligte, ist außergewöhnlich. Um das Gebäude wieder zum Leben zu erwecken, ging François fast wie ein Chirurg vor: Er machte sorgfältige Ausschnitte in dem Dach und den Decken, so dass die gesamte Wohnung mit direktem und indirektem Tageslicht überflutet wird. Darüber hinaus ist die industrielle Atmosphäre in größtem Maße erhalten geblieben, auch durch die Integration von Arbeitsmauern aus Ziegelstein, die sogar bis in das Garagentor durchgehen.
Zurechtgeschnittene Wohnung
Von Anfang an stand Pascal François vor einer großen Herausforderung: Luft und Licht in das dunkle Gebäude zu bringen. Denn das ursprüngliche Gebäude befand sich zwischen anonymen Arbeiterwohnungen. Es waren keine Fenster vorhanden und demzufolge gab es wenig natürliches Licht. „Es gab einen beschränkten Lichteinfall über das Sheddach aus Stahl, aber das war auch alles“, erzählt der Architekt. „Um das Gebäude bewohnbar zu machen, wurde die gängige Einteilung völlig umgekehrt: Die tagsüber benutzten Räume befinden sich oben und die während der Nacht benutzten Räume befinden sich unten. Darauf aufbauend haben wir mit fast chirurgischer Genauigkeit Ausschnitte sowohl in der Stahl-Dachstruktur als auch in den Betondecken gemacht. Dabei wurde nur das unbedingt Erforderliche weggeschnitten, um dem Gebäude die gebührende Ehre weitestgehend zu erhalten.
In erster Linie wurde ein Teil der sekundären, quer verlaufenden Stahlstruktur amputiert, so dass das Licht besser gefiltert wird. Außerdem wurde eine der drei Hauptstrukturen fast vollständig entfernt, so dass in dem Wohnraum eine Art Innenhof entstanden ist. Das dort einfallende Licht wird über runde Aussparungen in der Decke zum Obergeschoss geleitet. Darüber hinaus wurden zwei zusätzliche Lichtschächte geschaffen, die ausgehend vom Dach bis zum Erdgeschoss verlaufen. In einem der Schächte wurde sogar eine Korkeiche gepflanzt. Diese klettert fast bis in den Wohnraum, um das Erleben und die Beziehung zwischen den Stockwerken noch zu verstärken.“
Wände und Garagentor bilden scheinbar eine EinheitDie aus der Renovierung entstandene Loftwohnung sieht locker und modern aus. Zugleich bleibt sie dem ursprünglichen Charakter der Textilfabrik treu. Durch den vielfachen Einsatz von Stahl, Holz, Beton und Ziegelstein lässt sich die industrielle Atmosphäre überall wahrnehmen. „Wir wollten die Seele des Gebäudes soweit wie möglich erhalten“, sagt der Architekt. „Was wiederverwendet werden konnte, wurde wiederverwendet, während neue Hinzufügungen sich möglichst gut in das Original einfügen. Die Entscheidung beispielsweise zugunsten von
Alt Laethem erfolgte ganz bewusst, weil der rustikale Stil dieses Ziegelsteins sehr stark der authentischen Wandausführung ähnelt.“
Der
Alt Laethem ist in der gesamten Wohnung sichtbar, fand aber vor allem in der Garage eine auffallende Anwendung. Das Gebäude besteht aus einer trichterförmigen Einfahrtszone, die nahtlos in die zwei-Geschoss-hohe Loftwohnung übergeht. Vom Eingangstor aus sind die Wände an einer Seite mit Ziegelstein verkleidet. Bemerkenswert: Ab einem gegebenen Zeitpunkt geht der Verlauf der Ziegelsteinverkleidung einfach in ein sich drehendes Garagentor über. Dieses Tor sollte möglichst wenig auffallen“, so Pascal François. „Indem Riemchen zur Anwendung kamen, ist das optimal gelungen: Wände und Tor bilden visuell eine durchgehende Einheit. Es entsteht ein ruhiges und friedliches Bild, bis das Tor tatsächlich in Bewegung versetzt wird und es scheint, dass der gesamte Raum zum Leben erweckt wird.“