Tonpflasterklinker-Teppich als Bestandteil der Kunst am Bau von Martijn Sandberg

Das Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts entstandene Stadtviertel Spaarndammerbuurt umfasst charakteristische städtebauliche Ensembles aus der Zeit der Amsterdamer Schule. Das Viertel ist noch größtenteils intakt, hat sich aber im Laufe der Zeit an einigen Stellen Narben zugezogen, die allmählich wieder geschlossen werden. Ein Beispiel dafür ist die von korthtielens architecten in Zusammenarbeit mit Marcel_Lok Architect am Standort der ehemaligen Schule Spaarndammerschool entworfene Wohnanlage. Der Neubau basiert auf dem Reichtum der Tradition der Amsterdamer Schule, die Architektur, Kunst und Natur vereint.
Das Herzstück ist der gemeinschaftliche grüne Hof, der zu diesem Stadtviertel passend über Tore erschlossen wird, die mit informellen Wegen in der Nachbarschaft verbunden sind. Es gibt Gemeinschaftsgärten, in denen die großen Bestandsbäume neu gruppiert wurden, sodass sich sowohl den Bewohnerinnen und Bewohnern des Neubaus als auch denen der angrenzenden Bestandsgebäude ein herrlicher Ausblick bietet. Das Bauvorhaben steht im Einklang mit der zukunftsweisenden Strategie zur Starkregenvorsorge der Gemeinde Amsterdam. Gründächer fangen das Regenwasser auf und im öffentlichen Raum wurde die Versiegelung so weit wie möglich minimiert. Bei Hitzestress sorgen das viele Grün und die robusten Fassaden für Abkühlung. Die Bepflanzung ist auf die Futterversorgung der zu erwartenden Stadttiere wie beispielsweise kleiner Singvögel, Fledermäuse und Insekten abgestimmt. In den Attikabereichen und Fassaden befinden sich Nistkästen für Kleinvögel, Mauersegler und Fledermäuse.

„De Oude Weg Naar De Nieuwe Tijd“
Martijn Sandberg entwarf die Kunst am Bau für die Tore und den Boden des Neubauprojekts Spaarndammerhart im Amsterdamer Stadtviertel Spaarndammerbuurt.
Während man auf dem Kunstwerk mit dem Titel „De Oude Weg Naar De Nieuwe Tijd“ (der alte Weg in die neue Zeit) die Tore durchquert, erscheint im Blickfeld eine Figuration – wie in einer Vision. Im ständigen Wechselspiel von Licht und Schatten zeichnen sich an Wand, Gewölbedecke und Boden von Ziegeln gebildete Buchstaben ab.
Es ist eine Figuration aus vier Buchstaben und vier Ziffern, die sich bei jedem Tor aus einer anderen Ziffernkombination zusammensetzt und den Zugangscode für eine Zeitreise bereitstellt: „Anno 2020“, „Anno 1917“, „Anno 3025“. Durch die Tore Richtung Innenhof gehend betritt man Schritt für Schritt, Stein für Stein, Buchstabe für Buchstabe „De Oude Weg Naar De Nieuwe Tijd, De Nieuwe Weg Naar De Oude Tijd“ (den alten Weg in die neue Zeit, den neuen Weg in die alte Zeit).
Ziel war es, ein Kunstwerk zu entwickeln, das auf den historischen Kontext des Ortes reagiert und auch charakteristische Eigenschaften des Bildträgers in das Konzept einbezieht. Das Entwerfen eines Bildes, dessen Bildsprache, „die Sprache des Bildes“, in direktem Bezug zu seinem Bildträger und dem nahen städtischen Umfeld steht.

Das Bodenkunstwerk beginnt auf der Straßenseite am Fuß des Tors und erstreckt sich wie ein Teppich unter dem Gewölbebogen hindurch zum dahinter gelegenen Innenhof des Ortes.
Die Schrift ist wie ein „Tattoo“ direkt in der Haut der Architektur angebracht: im Ziegelrelief bei den drei Toren, in der Zusammenstellung zweier Kontrastfarben beim Klinkerpflaster der Tore und des Innenhofs und als Hausnummern bei beiden Fassaden zur Straße und im Hof. Die dominante Farbe des gelben Wasserstrich-Tonpflasterklinkers
SeptimA Vanille gibt dem Ganzen eine frische und helle Ausstrahlung, während der dunkelgraue
SeptimA Titan den Kontrast erzeugt und dem grafischen Aspekt Form verleiht.

Martijn Sandberg: „‚You’ll never walk alone‘ – das ist das Gefühl, das sich im Viertel Spaarndammerbuurt bei mir einstellt. Ein Spaziergang entlang der Architektur der Amsterdamer Schule ist wie eine Zeitreise. Als ich im Viertel unterwegs war und darüber nachdachte, hatte ich 2016 meine erste Idee – und das sind oft die besten – für dieses Projekt: ein Text als Ziegelrelief im Mauerwerk der Tore und mit gebrannten Klinkern im Boden verlegt.
In der Nachbarschaft gibt es viele Durchgänge. Ich betrachte sie als Transgression, ein Portal vom einen zum anderen. In diesen Toren wollte ich Ziegel – die „Pixel“ dieses besonderen Baustils – sprechen lassen, in einem Satz, der von links nach rechts und auch von rechts nach links lesbar ist. Und der genau wie ein Tor keinen Anfang und kein Ende hat, denn das hängt ganz davon ab, auf welcher Seite des Tors man steht.
Der Entwurf beinhaltet drei Tore. In jedem Tor habe ich die Zeit mit dem Wort „anno“ eingefangen. Ich habe mich gefragt, was passiert, wenn man auf ein neues Gebäude „anno 1917“ schreibt. Oder „3025“? Bei einer Jahreszahl, die so weit in der Zukunft liegt, versagt das Vorstellungsvermögen, während „2020“ ein Bewusstsein für die Gegenwart schafft.
Die Bauphase des Projekts Spaarndammerhart dauerte zwei Jahre. Das Mauern der drei Tore und die Verlegung der Pflasterklinker war ein echter Prozess. Noch in der Bauphase kamen die Leute aus der Nachbarschaft schon vorbei, um sich das anzusehen. Ich machte das auch regelmäßig, um die Ausführung zu überwachen. Der Postbote schaute auch vorbei, sogar als es noch keine Bewohner gab, die Post erhielten. Ich hörte, wie er vor sich hin murmelte: ‚Das ist es, das passt genau in dieses Viertel.‘ So begann das Werk, schon vor seiner Vollendung lebendig zu werden.“

Spuren aus der Nachbarschaft
Martijn Sandberg: „Im Bodenbelag des Innenhofs sind im Entwurf sechs Sätze verarbeitet, die im Dialog mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtviertels entstanden sind. Sie konnten Sätze einreichen, die sie gern im Projekt wiedersehen würden. Manche betrieben dafür tatsächlich Literaturrecherchen, andere verfassten Gedichte. Drei Frauen repräsentierten diese Stimmen aus dem Viertel bei den drei Sessions, die wir in einem Raum im Gebäude ‚Het Schip‘ organisierten. Die drei Grazien nannte ich sie: Sie, die Atem und Inspiration für die Kunst eingehaucht haben.
Bei den Treffen erläuterte ich das Konzept und legte ihnen die Entwurfszeichnungen vor. Sie reagierten mit Vorschlägen aus der Nachbarschaft und Themen, die als wichtig erachtet wurden. Die Voraussetzung war: höchstens 30 Zeichen einschließlich Leerzeichen. Außerdem wollte ich keine abgeschnittenen Sätze. Die Aussagen sollten sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinn passend sein.
Schritt für Schritt erschienen Sätze und die Buchstaben wurden Klinker. Während dieses Prozesses riss der Strom an Beiträgen aus der Nachbarschaft nicht ab und ich ließ ihn einfach laufen bis zu den letzten Tropfen. Die Treffen waren wahnsinnig interessant. Die Bewohnerinnen und Bewohner sahen, dass es nicht einfach war. Es kam einem fast wie etwas Verrücktes vor, zu dem ich sie einlud. Nach langem sorgfältigem Abwägen und mühsamen Verhandlungen wählte ich die endgültigen Sätze aus. Meiner Meinung nach sind sie nicht nur sehr schön oder besonders, sondern können auch dem Zahn der Zeit standhalten. Und die kennt kein Mitleid! Jeder Satz muss mehrdeutig sein und bei erneutem Lesen etwas anderes erkennen lassen.
Wenn sie im Boden des Innenhofs verarbeitet sind, wird das Ganze eine Entdeckungstour. In die am Ende gewählte Figuration sind also buchstäblich Spuren aus der Nachbarschaft eingeflossen, die aus dem Mund von Bewohnerinnen und Bewohnern des Viertels stammen, oder ein Wort wie „arbeiderspaleizen“ (Arbeiterpaläste), das aus dem Jargon der Amsterdamer Schule stammt. Letztlich sind die Menschen, die darüber gehen und darüber sprechen diejenigen, die das Werk erschaffen. Mit der Figuration in den Toren und dem Text auf dem Boden gebe ich den Refrain vor und die Strophen verfasst man selbst. Das ist es, was nun in Klinker gefasst wurde. Das ist der Beitrag in Stein.“
Sehen Sie unten den ökologischen Vorteil, den wir mit diesem Projekt durch die Verwendung des ökologischen Brick7-Formats erhalten:
Skizze des Bodenkunstwerks. Quelle: Martijn Sandberg
Skizze der Eingangspforten. Quelle: Martijn Sandberg