AUFTRAGGEBER

Stadt Brügge

 

ARCHITEKT

Souto de Moura Architects und META Architectuurbureau

 

AUFTRAGNEHMER

MBG

 

VERBLENDER

Veldbrand Rot



VERARBEITUNG

Läuferverband, graue Fuge

Fotos: © Filip Dujardin

BMCC: ein alle Stärken der Altstadt mobilisierendes Stadterneuerungsprojekt

Der Veldbrand ist die perfekte Synthese aus Verblendern in der Nachbarschaft und bewirkt, dass sich das neue Messe- und Kongresszentrum mühelos in seine Umgebung einfügt


Die Innenstadt von Brügge ist um eine Attraktion reicher. Künftig wird der Beursplein (Messeplatz) seinem Namen alle Ehre machen, denn an diesem Ort, an dem zuvor ein unpersönlicher Parkplatz das Stadtbild verschandelte, präsentiert sich seit dem 31. März das nagelneue Messe-, Tagungs- und Kongresszentrum BMCC (Bruges Meeting & Convention Centre). Dieses Schmuckstück nach einem Entwurf der Architekturbüros Souto de Moura Architects und META Architectuurbureau stellt im Stadtviertel in jeder Hinsicht Verbindungen her und lockt zugleich viele Touristen in die Welterbestadt.


Die alte Messehalle war schon seit Längerem ein Störfaktor. Bauphysikalisch und programmatisch wurde sie den heutigen Bedürfnissen nicht mehr gerecht. Daher beschloss die Stadt Brügge ein Stadterneuerungsprojekt ins Leben zu rufen, das West-Brügge zu neuer Dynamik verhelfen und für Menschen aus dem In- und Ausland ein Anziehungspunkt werden könnte. Wichtig waren in diesem Zusammenhang die Multifunktionalität – denn der Neubau sollte sowohl Messen als auch Events und Kongresse beherbergen können – sowie die Verankerung im Umfeld. Deshalb wurde auch die komplette Umgebung rund um das Neubauvorhaben neu gestaltet, ohne jedoch die zahlreichen Buchen zu vergessen, die den Beursplein seit Jahrzehnten prägen. Ganz im Gegenteil: Sie wurden erhalten und bekamen dank der übergroßen mit immergrünen Bodendeckern bepflanzten Baumscheiben eine noch prominentere Rolle.

 

Mit der Realisierung des Neubaus wurde das Tandem Souto de Moura Architects und META Architectuurbureau beauftragt. Sie lieferten ein markantes Stadterneuerungsprojekt ab, das perfekt auf die Wünsche der Stadt einging. Mit einer multifunktionalen Messehalle mit 4500 m2 im Erdgeschoss und einem Kongressbereich mit Auditorium und Restaurant für gut 500 Teilnehmende in den Obergeschossen ist das BMCC mühelos Veranstaltungen jeder Art gewachsen. Dank einiger technischer Eingriffe und entkoppelter zweischaliger Wände besteht sogar die Möglichkeit, ohne Beeinträchtigungen für die Nachbarschaft Konzerte zu geben. Das Gebäude bietet eine enorme Flexibilität. „Messebereiche werden oft als geschlossene Räume aufgefasst, aber unserer Meinung nach wird damit die Chance vertan, mehr für die Bewohnerschaft des Viertels herauszuholen. Denn wir befinden uns in der Altstadt von Brügge. Daher haben wir das Erdgeschoss rundum komplett verglast. Wenn keine Messen stattfinden, können die Glasfassaden geöffnet werden. Dann erhält man einen überdachten öffentlichen Platz für das Viertel. Das war für uns eine wichtige Grundidee des Konzepts.“

 


Die beiden Funktionen des Gebäudes wurden auch treffend in Architektur übertragen. Während sich der Messebereich im Erdgeschoss mit seiner horizontalen Ausrichtung und Transparenz komplett zum Viertel hin öffnet, kennzeichnet sich der Kongressbereich durch eine Backsteinarchitektur mit vertikaler Stapelung. Dank einer riesigen Auskragung entsteht ein überdachter Eingangsbereich und scheint das monumentale Gebäude auf einem Glassockel zu ruhen. Dieses schwebende Vordach schafft sowohl im Sommer als auch im Winter einen geschützten Begegnungsort und zudem einen gleitenden Übergang zwischen dem Vorplatz und dem Eingangsbereich des Gebäudes, der hierdurch zusätzlich betont wird. Die beeindruckende Auskragung von acht Metern ermöglichen zwei gigantische Betonwände, die durch das Gebäude verlaufen und alles zusammenziehen.

 


Betont wird der Eingangsbereich im Übrigen auch durch das schöne Kunstwerk von Philip Aguirre y Otegui. Die Bronzeskulptur „Die Quelle“ verweist auf das Wasser als Quelle allen Lebens und ist ein hervorragender Treffpunkt. Diese Stapelung von verspielt wirkenden organischen Formen steht im Kontrast zum geometrischen Muster der Gebäudefassade.

Was an der Fassade besonders ins Auge springt, sind die Ziegelsäulen. Sie sorgen für eine klare Struktur und einen schönen Rhythmus und dienen zugleich als Sonnenschutz. Dafür hat sich das Planungsteam ganz bewusst entschieden. „Das ist Teil eines größeren Zusammenhangs. Denn das Gebäude wird sowohl für Messen als auch für Kongresse genutzt. Für Letztere ist es wichtig, bei Besucherinnen und Besuchern, die diesen Ort vielleicht nur einmal besuchen, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Sie sollen sich daran erinnern, in Brügge und im BMCC gewesen zu sein. Das ist der Grund für die Wahl einer Fassade, die auffällt, sich aber dennoch perfekt in die Umgebung einfügt. Der gewählte Verblender ist auf eine in der Nachbarschaft vorgefundene Palette von Verblendern abgestimmt. Von dieser Collage haben wir den passenden Farbton abgeleitet. Ergebnis der Synthese war ein rotbrauner Stein von Vande Moortel. Der Veldbrand Rot passt im Hinblick auf Farbe, Nuancen und Oberflächenstruktur gut in diese Umgebung und die im Stein enthaltenen von Kalk verursachten weißen Sprenkel atmen wie gewünscht Geschichte.“

 


Auf diese Geschichte verweist auch die besondere Verarbeitung. Denn die Steine sind durch einfaches Abstreichen mit der Kelle voll und bündig verfugt. Dies ähnelt der ehemaligen traditionellen Verarbeitungsweise, die hier im Westen von Brügge häufiger vorkommt. Wie beabsichtigt erhält man so genau wie früher im Schnitt 12 mm breite raue Fugen mit einem grauen Standardmörtel und keine glatten perfekten Fugen. Das passt nicht nur gut zum Stein, sondern kommt vor allem dem Projekt und seiner Einfügung in die Nachbarschaft zugute. Auch die großen Säulen sind traditionell gemauert. Dies wurde mit einem Stahlfachwerk aus L-Profilen als Unterkonstruktion realisiert, um die umlaufend Steine gesetzt wurden. Die Säulen mit einer Breite von 60 cm und einer Tiefe von 1,3 Metern sind somit innen hohl. Alle 3 Meter wurden Dehnungsfugen in derselben Zementfarbe vorgesehen, die ebenfalls angeraut sind. Dadurch fallen sie nicht auf und wirken die Ziegelsäulen massiv. Die Auskragung wurde mit Riemchen realisiert, die auf Platten geklebt sind, welche über eine Lattung an der Decke befestigt sind.

 


Das BMCC hat einen E-Peil (ein Koeffizient der Aufschluss über den Gesamtenergiebedarf eines Gebäudes gibt) von maximal E58 und ist damit ein energieeffizientes und nahezu energieneutrales Gebäude (BEN). Das komplette Gebäude ist nachhaltig und es wurde besonderes Augenmerk auf Barrierefreiheit, akustischen Komfort und ein gut durchdachtes Abfallmanagement gelegt. Damit erfüllt es mit Sicherheit alle heutigen Anforderungen. „Darüber hinaus ist das Gebäude auch kulturell nachhaltig. Es ist für eine lange Nutzungsdauer konzipiert und auch entsprechend aufgebaut. Das Gebäude ist nicht laut und schreierisch, sondern ehrlich, aufrichtig und pur. Es gibt sich bescheiden und mobilisiert die Stärken der Stadt. Aber wir sind der Überzeugung, dass auch ein neutrales Gebäude Schönheit birgt. In dieser Hinsicht ist es ebenfalls nachhaltig. Und wer weiß, vielleicht kann es sich im Laufe der nächsten hundert Jahre zu einem schützenswerten Gebäude entwickeln.“

 


Mit qualitativ hochwertiger Architektur und einer abgestimmten Farbpalette fügt sich das BMCC vortrefflich in die Umgebung ein und zeigt Brügge, dass es nicht nur von seinem historischen Kulturerbe zehrt, wenn es darum geht sich von anderen Städten abzuheben. Beides kann sich gegenseitig verstärken. Das schönste Beispiel dafür findet sich in den Etagen, in denen die Ziegelsäulen den Blick von innen nach außen lenken und man immer mehr in den Genuss der Skyline von Brügge kommt, mit der Dachterrasse als Apotheose. Das BMCC tritt in einen Dialog mit drei Türmen, dem Belfried und den Türmen der St.-Salvator-Kathedrale und der Liebfrauenkirche, wodurch Gegenwart und Vergangenheit sehr schön verschmelzen.

 

De opbouw van de baksteenzuilen:

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